Die DDR ist unsterblich, von Arbeitslosigkeit bis Zwangsarbeit, manchmal auch das schlechte Wetter: Schuld ist immer sie. Dafür wird sie öffentlich ausgepeitscht – und während die Gerte auf ihren Hintern saust, überlegt man im »Rechtsstaat BRD«, wofür der Prügelknabe den Arsch wohl morgen hinhält. Doch der Antrieb des medialen Dauerfeuers auf die DDR ist schon ihre Existenz. Denn die kann nicht mal Springer und das allabendliche Fernsehprogramm ungeschehen machen. So ist nach 40 Jahren „Anders als der Westen“ Vergleich und Rückschluss unvermeidbar. Heute glaubt man im Osten schon nicht mehr jede Mär über das „Reich des Bösen“, lässt es an Dankbarkeit mangeln. Der „goldene Westen“ hat sich ausgeglitzert. Und was es vorher nur im Westen gab, gibt es nun auch im Osten: Nichts Neues
Nichts Neues: Kurs auf Profit! Der Motor von Daimler, der Strom von Siemens, das Geld gepumpt von der Deutschen Bank, der Pöbel heizt derweil den Kessel – so wird man der reichste Staat Europas. Nicht trotz, sondern wegen zweier Weltkriege, nicht trotz, sondern wegen des Anschlusses der DDR ans Reichsgebiet. Daneben gibt es nun nichts mehr, mit dem man im Vergleich bestehen müsste. Gesundheit, Bildung und Kultur sind im „Anschlussgebiet“ längst zum Luxusgut verkommen. Wo Mangel in der DDR für schweren Ärger sorgte, sorgt er jetzt für Elend in gesellschaftlichem Ausmaß. Das alles ist nicht Folge von „Schicksal“ oder einer „überschnellten Vereinigung“, nein, es hat Grund und Ursache, ist die Folge von Entscheidungen. Es ist der Machtbereich der Entscheidungsträger, der 1990 über die DDR rollte, und was da unterm Konfettiregen des 3. Oktober 1990 restauriert wurde, war ihre althergebrachte Ordnung. Hier steht man nicht mehr Schlange nach Apfelsinen, hier verreckt man jetzt vor vollen Schaufenstern, wird arm mit und ohne Arbeit. Das Alles frisst Hirn und Herz, wer gehen kann, geht.
Den Finger auf diese klaffende Wunde zu legen und zu fragen, ob das Alles ist, ob das nicht anders geht, scheint uns gründlich ausgeredet. Ausgeredet in von Bund, BILD und ZDF organisierten Geisterbahnfahrten zum Pappgespenst eines kenntnislos herbeifabulierten „maroden Unrechtstaates DDR“. Gruselt euch! Wie das anödet, und einen muffigen Geschmack im Mund macht. Fürwahr, was anderes als das Heute wäre schon gut, selbst wenn es doch nur anders wäre.
Etwas anderes als der Kapitalismus?
Ja! Denn das verführt Hirn und Herz, zum Lieben, Denken, Streiten. Das riecht und schmeckt so frisch nach Abenteuer und ist so realistisch, weil es das Unmögliche wagt! Und wie anders war die DDR, was wagte sie? 1949 trat sie an, brach mit allen althergebrachten Regeln, gegen Kaiser, Kanzler und den Führer sowieso.
Das konnte man sich leisten, denn die Kriegsverbrecher, ihre Konzerne und Banken sowie die Großgrundbesitzer wurden enteignet, damit änderte sich alles. Es war die Grundlage einer antifaschistischen Umwälzung, die alles und jeden erfasste. Und Drüben, da blieb das Meiste wie gehabt, nur ohne NSDAP, jedoch mit denselben Verbrechern und der Beute eines Weltkrieges. Man hielt im Osten dagegen, war willens, das Alte zu verjagen, für immer. So wurde die DDR, weil sie nicht Theorie, nicht nur Idee im Studierzimmer war – zum ärgsten real existierenden Widerspruch zur BRD.
Aber was und wie hat es die DDR gemacht, wenn sie alles so anders gemacht hat? Was erreicht, was nicht, warum nicht, wer stand dagegen? Was war dort Antrieb? Nur der Profit, so wie hier? Was hielt die Gesellschaft dort zusammen? Nur die Angst um den Job, so wie heute? Welche Probleme, Siege und Niederlagen gab es dort? Wir wollen alles wissen und den Reim drauf selber machen! Ist uns das Wissen verschüttet, muss nochmal gefunden werden. So wie das Wissen um die DDR – so wie ein unentdecktes Land.
Diese Ausstellung ist das Logbuch einer Entdeckungsreise.
Die Autoren
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