vorstellung Unentdecktes Land E.v.


Unentdecktes Land e.V.

 

Wer wir sind – Was wir machen – Was wir vorhaben

 

Im August 2014 kamen drei »unbescholtene Bürger« auf die Idee, am 25. Jahrestag der Öffnung der Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik der Chefetage  des Staates BRD in die Suppe zu spucken. Was daraus wurde, war eine der eindrucksvollsten Mahnwachen, die der gute alte Alexanderplatz in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen hat. Wir nannten das Ganze »AktionNovember2014«, und weil das einschlug und auch noch Spaß machte, blieb es nicht länger bei den drei »unbescholtenen Bürgern«. Es war ein kleines spontanes Bündnis, zusammengerufen keine 2 Wochen vorher oder noch vor Ort mit dem Handy. Zwei Tage und eine Nacht diskutierten wir mit hunderten Interessierten, bekamen ungeahnt viel Zuspruch, wenig Widerworte, schlugen uns mit der Polizei rum, froren uns den Arsch ab, erlitten unendliche Gesprächen mit Berliner Partynachtschwärmern und triumphierten umso mehr am Tage, in der Sonne, im Schatten einer 100 Quadratmeter großen Ansage an die herrschende Klasse. Hoppla, das sind wir!

 

An den Tisch geholt hatten uns die Verhältnisse, die uns nicht passen, vor allem aber ein gemeinsamer Standpunkt zu diesem Staat, den es nicht mehr gibt, in dem sich unsere Eltern fanden, den wir nur als Kinder oder schon nicht mehr erlebt haben, der alles anders gemacht hat. Diese DDR, die wie herrenloses Treibgut, das 17 Millionen Menschen gehört, immer wieder an den Strand gespült wird. Nach der Novemberaktion hätten alle nach Hause gehen müssen. Aber keiner wollte nach Hause. Es lag in der Luft, dass hiernach noch etwas passieren, es irgendwie weitergehen muss.

 

Nicht schon wieder eine neue »linke« Gruppe ...

 

... dachten wir uns auch – und gründeten einen Verein. Keinen, der zeitnah das Privateigentum an den Produktionsmitteln aufheben kann, die nächste Revolution im Programm hat und mit 1000 Zielen und Vorhaben am Schlaf der Welt rütteln möchte. An diesem guten Vorhaben arbeiten schon genug Andere, zum Glück. Uns geht es um die kleineren Brötchen, das mit der Bäckerei braucht seine Zeit. Aber die noch kurze Geschichte vom »Unentdecktes Land« e.V. muss von Anfang an erzählt werden. Warum wir das präsentieren wollen?

 

Machen wir uns nichts vor, ohne Unterstützung läuft nichts. Wir wollen etwas zum Laufen bekommen, etwas am Laufen halten: Die öffentliche Auseinandersetzung mit der Deutschen Demokratischen Republik, mit öffentlichen Aktionen, vielleicht mit einer großen Freiluft-Wander-Ausstellung zur Geschichte der DDR und mit unseren, vielleicht auch Euren vielen Ideen. Denn welches Werkzeug wäre besser geeignet, die bestehenden Verhältnisse anzugreifen, in Frage zu stellen, als ein REAL EXISTIERENDES? Wer mit der Geschichte der DDR Kontakt aufnehmen will, der muss mit den Menschen der DDR Kontakt aufnehmen, der muss auf die Straße, denn bei diesen Leuten ist das Wissen, das man uns weggenommen hat in 25 Jahren Falschinformationen, Lüge und Verdrehung der Tatsachen. Mit unseren Aktionen, mit unseren Plänen und am Anfang mit dieser Präsentation nehmen wir Kontakt auf.

 

Vier Augen sehen mehr als zwei, vier Hände packen mehr als zwei, und ja, vier Groschen sind auch mehr als zwei, auch Geld brauchen wir, schwerlich das netter zu umschreiben. Wenn wir Interesse geweckt haben, ist schon was geschafft. Man kann Mitglied dieses Vereins werden, wenn man in die Planungen, Diskussionen und das, was er macht, eingreifen, mitwirken möchte. Man kann ihn unterstützen mit Mitarbeit an Recherche, Organisierung, Realisierung seiner Vorhaben. Natürlich, auch Geld ist wertvolle Unterstützung. Ein bisschen was von beidem, von finanzieller Unterstützung und Mitgliedschaft, ist die Fördermitgliedschaft, mit der man den Verein unterstützen kann, ohne direkt in der Vereinsarbeit zu stehen. Oder man meldet sich einfach bei uns, schreibt, was man von der Sache hält, was man genauso machen würde und was anders.

 

Trotz kleiner Brötchen, für uns auch ein bisschen Rütteln am Schlaf der Welt

 

"Der Verein Unentdecktes Land e.V. hat die Aufgaben:

 

• die jährliche Durchführung der vereinseigenen Ausstellung zur Deutschen Demokratischen Republik zu ermöglichen und sicherzustellen;

• die wissenschaftlich-publizistische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Deutschen Demokratischen Republik als der bisher größten Errungenschaft der deutschen Arbeiterbewegung zu fördern.

 

Der Verein Unentdecktes Land e.V. versteht sich als antifaschistisch-demokratisch. Das bedeutet vor allem, sich die Lehren aus der deutschen Geschichte zur Maßgabe zu machen. Die Deutsche Demokratische Republik war eine Konsequenz aus diesen Lehren. Sich mit ihrer Geschichte wissenschaftlich und publizistisch auseinanderzusetzen, mit den Ursachen und Folgen ihrer Gründung und ihres Endes, stellt für den Verein einen wichtigen Beitrag antifaschistischer Betätigung dar.

 

Zweimal gelang es, die deutsche Bevölkerung gegen andere Staaten, andere Bevölkerungen in einen Weltkrieg zu hetzen. Auch daraus ist eine Lehre zu ziehen: Der Verein versagt sich jegliche negative Bezugnahme auf andere Staaten und Bevölkerungen." (Auszug aus der Satzung)

Was wir machen

 

Aktionen – Projekte

 

50 Meter Absage an schwarz-rot-goldenen Kakao

 

2015, das Jahr der Jahrestage, schon an der Auswahl, was zu feiern und was totzuschweigen ist, zieht sich eine Grenze, will sagen Mauer zwischen uns und diesem Staat. Warum? Und wer ist eigentlich wir?

 

Die üblichen Verdächtigen, wir sind ein Haufen von Alten und Jungen, Männern und Frauen, und wenn sich niemand zum Babysitten für Sitzungen findet, springen auch noch Kinder rum. Ein paar waren in der FDJ (vor und nach 1990), wieder andere in der SDAJ, in Gewerkschaften und linken Gruppen organisiert. Manche schreiben für linke Zeitschriften, andere studieren ML, mangels ML-Studiengang in selbst aufgebauten Studienkreisen, und da die, die arbeiten gehen, Leiharbeiter sind und der Rest arbeitslos oder Rentner oder anders prekär beschäftigt ist, sind wir immer klamm. Ostdeutsche Verhältnisse halt, man kennt sich, und meistens vertragen wir uns alle prima.

 

Was uns zusammenholte im November 2014, ist schnell erzählt, oder auch nicht:

 

Egal, was einen als Linken so alles stört an diesem Staat, an diesem Deutschland, der Rassismus hier und wie er staatlich gefördert und zum Hintergrundgeräusch geworden ist, das Elend hier und wie es hier verschwiegen und verhöhnt wird, die deutschen Kriege anderswo und wie neue hier vorbereitet werden usw. und nicht zuletzt der ungebetene Gast aus dem Westen namens Antikommunismus – das Alles hat ein gemeinsames Vorher und ein gemeinsames Nachher, dem stimmen wir trotz Widersprüchen in diesen oder jenen Fragen eigentlich alle zu. Diese zeitliche Grenze, von der wir reden, zieht sich entlang dem 3. Oktober 1990. Keine fortschrittliche Bewegung in diesem Land, kein Land in Europa und weiter, das nicht an dieser Zeitgrenze festmacht, ab wann dieses totgeglaubte Monster sein Haupt erhob und seine mit den unendlichen Opfern des 2. Weltkriegs erkauften Fesseln abschüttelte: der deutsche Imperialismus.

 

Um die Gegenwehr ist es schlecht bestellt, Merkel nennt man Mutti, den wirtschaftlichen deutschen Blitzkrieg gegen Griechenland »Strukturreform«, die Leute interessiert mehr, wer 10.000 Euro in einer schlechten TV-Show gewinnt, als die 10.000 »Unerwünschten«, die man vor Allem auf Bestreben der BRD in ihren EU-Gremien im Mittelmeer ertrinken lässt. Und nun halt die rote Fahne hoch, der Spott ist dir sicher, die Meinung wird gedruckt bei Springer, und Wissenschaft ist eklig wie gesundes Gemüse, denn »Wissen« gibt’s als FastFood bei N24. Das alles und noch viel mehr ist der Kakao, durch den man uns zieht – täglich. 

 

Das ist nun nicht neu, und deshalb ist schon Erich Kästner eingefallen: „Was immer geschieht: Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken.“ Wenn wir nun am 9. November 2014 losziehen und diesen ganzen Klumpatsch auch noch feiern, so dachten wir, dann würden wir das wohl tun. Deshalb stimmten wir demokratisch mit den Füßen ab und stiefelten nicht aufs Deutschlandfest auf dem Platz hinterm Brandenburger Tor, sondern zum Platz unterm Fernsehturm, und gaben bekannt:

 

»DIESE GRENZE WURDE AUFGEHOBEN, DAMIT WIR GEMEINSAM WIEDER IN DEN KRIEG ZIEHEN«

 

Und weil wir das den Herrschaften in der Chefetage dieses Staates gerne ansagen wollten und den vielen, die vielleicht mehr oder weniger so denken wie wir oder gar nicht so, sprich Allen, pinselten wir das 1,50 Meter hoch und 50 Meter lang auf »100% Baumwolle«.

Was wir vorhaben

 

Zeigen, was andere nicht lesen sollen – von der Lust, sich dem Zeitgeist mit einer guten Ausstellung zum Thema »Wiederentdeckung der DDR« in den Weg zu stellen

 

Wie alles begann ... der Wenzel ist schuld

 

Vor 10 Jahren muss es gewesen sein, dass wir, damals in der FDJ Berlin tätig, gleichzeitig beeindruckt von zweierlei, auf die Idee einer »DDR-Ausstellung« kamen. Zum einen ging uns jene Dreistigkeit nationalen Gebrülls, die man uns regelmäßig zum 3. Oktober servierte, gehörig auf den Nerv. Zum anderen erschienen in dieser Zeit lang ersehnte Gegendarstellungen* (*eigentlich war Siegfried Wenzel mit seinem Buch »Was war die DDR wert?« an allem schuld), die der Verdummung von der »Pleite-Republik«, dem »Verschuldungsmonster DDR ... marode blablabla« ganz trefflich wissenschaftlich widersprachen. Das brachte uns auf Ideen. Das nächste »Deutschlandfest« besuchten wir mit »staatsfeindlichen« T-Shirts, die auf den Republikgeburtstag am 7. Oktober verwiesen. Auf dem Alex hingegen zu gleicher Zeit trumpften wir mit Inhalt massiv. Nicht irgendein Inhalt, sondern Fakten und flotte Sprüche zur DDR. 

 

Und weil wir was zu sagen hatten und zu zeigen, das allemal gut genug ist, dass man sich‘s selber abholt, drückten wir den Leuten mal kein Flugblatt in die Hand. Sondern schrieben ein »Flugblatt« in Plakatgröße, ein 24-seitiges, Peng und Knall! So groß, dass man es auf- und ausstellen konnte, musste und tat. Der erste Versuch dieser Ausstellung war nicht mehr als ein oller Bretterverschlag, bespannt mit bedrucktem Papier, das vollgeschrieben ward mit statistischen Daten zur Wirtschaft der DDR, der Treuhand usw. Nichts Geheimes, nichts Ausgedachtes, nichts Neuentdecktes,eher Wiederentdecktes. Zahlen aus Statistischen Standardwerken der BRD, ein paar Zusammenhänge aus diesem und jenem Buch, Fakten und Zitate, ein Wort zu »DDR-Schulden«, Geld und Staatsfinanzen, dazu gab‘s Fazit obendrauf. Wir dachten, es würde interessieren, weil es uns sehr interessierte.

 

Diese Laube, die wir »DDR-Ausstellung« nannten, konnte nicht mal allein stehen und war ständig im Begriff, die Passanten unter einer Lawine von Holzspänen zu begraben, statt sie zu informieren. Es war nicht nur die hässlichste »DDR-Ausstellung« aller Zeiten, weil es die einzige »DDR-Ausstellung« aller Zeiten war.

 

Schön, wenn auch mal was funktioniert Wie jetzt ...

 

Die bleiben ja alle stehen, nicht um zu meckern, sondern um zu lesen! Die Ausstellung ist nie mehr allein in diesen Tagen, immer sind Leute da, über Tausend die Woche. Manchmal bilden sich spontan Trauben vor diesem oder jenem Ausstellungsgerüst, das wir dann heimlich schwitzend festhalten, weil es sich trotz stahlharten Inhalts segelflugartig auf den Weg machen will. Was war das nicht für ein unbrauchbares Holzlattenunglück! Doch es hielt die Woche.

 

Diskussionen entspannen sich am laufenden Band, irgendwann schon nicht mehr mit uns. Sondern irgendwie die mit dem und der mit ihr. Zwischen der Arbeiterin mit den schweren Feierabendeinkaufstaschen, die uns ein Lächeln schenkt, während sie den Lackaffen ausm Westen runterputzt, der sich nicht mehr einkriegt, weil diese Ossis sich zu undankbar geben. Manche lassen sich nur mit Hinweis auf unseren Ausstellungskatalog davon abhalten, stundenlang aber auch jede Zeile der Ausstellung zu lesen und abzufotografieren. Der »Katalog« (so nannten wir dieses geheftete Kopierpapier) ist nicht nur für diese die Rettung, sondern auch für all jene, die mehr Interesse als Zeit haben. Nur die große Nachfrage nach diesem »Katalog« ließ es verschmerzen, dass immer einer fehlte, weil er mal wieder nachkopiert werden musste.

 

Wir hatten in diesen Tagen trotz der ganzen Pannen was sehr richtig gemacht, einen politischen Nerv getroffen. Man merkte an den Reaktionen und der Stimmung, dass die Ausstellung nicht nur die Vorurteile und Behauptungen der Gegner ins Wanken brachte, sondern auch das Kleinlaute am zaghaften Widerspruch der Ossis vor Ort. Diesen brachten sie nun mitunter herzlich direkt an. Was auf den Tafeln stand, war auch eine Bewertung ihrer Leistungen, die wir gegen die Entwertung ihrer Lebensläufe in Stellung brachten. Die Leute und auch wir trugen den Kopf gemeinsam ein wenig höher in diesen Tagen auf dem Alex. Wir waren am Ende unserer ersten Ausstellungswoche müde, aber happy. Klar war, dass es weitergehen sollte mit der  »DDR-Ausstellung«. Alles sollte besser, schöner, toller, wissenschaftlicher und vor allem windsicherer werden.

 

Ausstellung 1.5 mit kleinem Rick und großem Talent

 

Ein Jahr später traten wie erneut an. Aber auch wenn die Schubladen mit Plänen für eine vollkommen überarbeitete Ausstellung platzten, war die 2006 abgesehen von ein paar Überarbeitungen jedenfalls inhaltlich die gleiche wie 2005. Zu groß die Materialfülle, aber auch zu mannigfaltig und zerkrümelt unsere vielen Aktionen damals. Schlechte Voraussetzungen für das Setzen von Prioritäten und ein stetiges Arbeiten daran. Struktur kannten wir nicht, wir waren jung. 

 

Jung war auch der kleine Rick mit dem großen Talent, der uns Ausstellungsgerüste zimmerte, die einfach nur Postkarte waren, was hermachten, zum Verlieben. Auch wenn diese später in Berlin nochmals perfektioniert und erweitert wurden – so sollten sie doch das Rückgrat der Ausstellung werden: jene 4 Ausstellungsgerüste mit je 6 Tafelflächen auf Basis der genialen Konstruktion des kleinen Rick. Er hat sich damit ein Denkmal gesetzt, das kein Segelflugzeugwind mehr wegträgt.

 

Nochmals kamen mehr Leute zur Ausstellung, die im Zentrum des Alexanderplatzes  stand. Diesmal zählten wir auch ein wenig genauer, kamen auf 3000 Besucher in jener Woche. Knapp 200 Kataloge wurden verkauft. Manche nahmen gleich noch mit für die bucklige Verwandtschaft, Kumpels und Kollegen. Einer auch ganz speziell für seinen Bruder, »das Arschloch ausm Westen«, um dem mal die Meinung zu geigen und so. Ja, zu erzählen hatten viele was, Geschichten, ein Dutzend an jedem Ausstellungstag. Wenn auch unsere Tabellen und Wirtschaftszahlen, Statistiken von der DDR nur indirekt vom Lebenswerk der 17 Millionen erzählten: als uns die Leute berichteten, erwachte die Theorie zum Leben. Es machte Riesenspaß, die Schule des Lebens. Erstaunlich waren aber auch die »leisen Leser«. Pro Tag wohl um die 20, über eine Stunde lasen sie jede Zeile und machten sich geheimnisvolle Notizen. Oft ließen sie ein müdes, leises, nicht kämpferisches »Gut, dass ihr das hier macht« zurück, was uns sehr bewegte.

 

Weniger wichtig für uns, aber dafür umso folgenreicher war die mit einem Artikel in der Morgenpost einsetzende Pressekampagne gegen die FDJ und ihre DDR-Ausstellung, die uns nun via »Journalisten« jeden Tag begleitete, getragen natürlich durch die Flaggschiffe des Springerkonzerns Bild, BZ usw.

Dornröschenschlaf im Keller, nicht im Eimer

 

Trotz aller Pläne mit der Ausstellung, sie blieb nur ein Projekt von vielen der FDJ Berlin, zu vielen. Sollte die DDR zum Mittelpunkt unserer Arbeit werden, an anderen Orten mit anderen politischen Zusammenhängen sah man das anders. Es wuchsen die Widersprüche längst nicht nur in dieser Frage. Sie wuchsen innerhalb der Organisation, so wie sie von außen auf uns einschlugen, und ja, wir wurden auch älter. So kam es zur Auflösung der Gruppe in Berlin. Einer der letzten aktiven Schritte für die Ausstellung war der Aus- und Umbau der Gerüste: stabiler, schöner und doppelt so viele. Dann lagerten wir alles ein, in einen finsteren, feuchten Keller. Wieso eigentlich? Die Ideen wanderten nicht mit in dieses Loch, sondern blieben in unseren Köpfen. Davon geredet wurde irgendwie immer, »man müsste, sollte«, »weißt du noch, damals diese Ausstellung ...?«

 

Die steht bis heute still im Keller, doch die Zeit steht nicht still. Die DDR, ein mopsfideler Widerspruch zum Gestern und Heute, all dem Verstaubten, dieses real existierende »Anders«, von dem unbedingt abgelenkt werden muss, ist anhänglich wie Kaugummi unterm Turnschuh.

 

Welch ein Anreiz der Neugier, mutige Wissenschaftler forschten weiter, vieles ist jetzt

besser zu verstehen, vieles tiefer ausgegraben unterm Lügenberg, vieles wiederentdeckt. Ein Herr Heske z.B. berechnete die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der DDR – ein Paukenschlag. Der, auch wenn ihn keiner hören soll, endgültig die Mär vom wirtschaftlichen Stillstand der DDR widerlegt. Doch all die neuen Fakten bleiben unbekannt, weil sie der Literaturbetrieb der BRD systematisch verschweigt.

 

So bohren sie in uns, die Widersprüche, die der Bezug auf die DDR jeden Tag auf die  Straßen des kolonialisierten Ostens spült und wie Entwicklerflüssigkeit für den Kontrast sorgt. Das alles muss, in Zusammenhang gebracht, auf die Straße –irgendwann, irgendwie, irgendwo!

 

 

Wie alles weitergeht

 

... weiß man selten genau ... Aber wir wissen genau, was wir vorhaben: Eine neue, bessere, wenn nicht die beste »DDR-Ausstellung« aller Zeiten. Alles auf den Tisch gepackt, sehen die Voraussetzungen gar nicht so schlecht aus. Wir haben 48 Ausstellungstafelflächen, getragen von 8 legendären Ausstellungsgerüsten mit reichlich Outdoor-Erfahrung und Ideen für 148 Ausstellungstafeln. Wir haben die Alten mit ihren Erfahrungen, mit der Lust, sich dem Zeitgeist mit einer guten Ausstellung zum Thema »Wiederentdeckung der DDR« in den Weg zu stellen, und wir haben zum Glück die Neuen und einen Ort, an dem sich das trifft und zankt und zaubert, den Verein »Unentdecktes Land e.V.« Natürlich trotzdem viel zu wenig Leute und zeitlich alles hoffnungslos knapp, vom Geld reden wir mal gar nicht erst. Also alles wie immer, aber nicht alles auf Null! Wir sitzen auf einem Schatz an Wissen und Erfahrungen von 17 Millionen Menschen mal 40 Jahren, und überall sitzen gute Leute, die zu diesem oder jenem »DDR-Thema« um Längen besser Bescheid wissen als wir. Die wollen wir finden.

 

Zu der gigantischen Datenbank, die uns die Deutsche Demokratische Republik mit ihrer Literatur hinterließ, kommt eine ganz neue Rubrik: eine ganze Generation an Wissenschaftlern und Zeitzeugen hat über die sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und geopolitischen Folgen der Annexion der DDR als der größten Vernichtung gesellschaftlichen Eigentums seit dem 2. Weltkrieg geforscht, ermittelt, nachgedacht und aufgeschrieben. Das wollen wir sichten und uns dessen bedienen und bleiben ganz Ohr und Auge für Neues aus dem Osten, der nie Westen sein wird.

 

Von dieser Begeisterung an der Wiederentdeckung eines unentdeckten Landes wollen wir abgeben, wollen anstecken damit. Wir hoffen auf Unterstützung, Rat und Tat von allen, die Lust auf diese Entdeckungsfahrt haben, eine Fahrt hinaus über den Horizont, denn die Welt ist rund und keine Scheibe, wie uns all die bunten Zeitungen, Aufarbeitungsinstitute und Hubertus Knabenchöre weismachen wollen.